In der deutschen Filmbranche hat sich ab der Mitte des 20. Jahrhunderts ein spezifisch deutsches Drehsystem entwickelt, in dem alle planungstechnischen und logistischen Aufgabenbereiche zwischen der Regieassistenz und der Aufnahmeleitung aufgeteilt werden. Dieses Arbeitssystem ist außerhalb des deutschsprachigen Raumes (Deutschland, Österreich, Schweiz) nahezu unbekannt.
Bis vor etwa zehn Jahren arbeitete man bei Dreharbeiten innerhalb Deutschlands fast ausschließlich im RA-/AL-Drehsystem, während im internationalen Raum nach dem hierzulande umgangssprachlich benannten „AD-System“ gearbeitet wird. Im Ausland trägt das Arbeitssystem keinen spezifischen Namen, da es nur ein System gibt und es international der Standard ist.
Die Regieassistenz bildet in der hiesigen Branche traditionell keine eigene Abteilung ab. Durch fehlende Standards und überlappenden Zuständigkeiten mit der Abteilung der Aufnahmeleitung und des restlichen Produktionsstabes kommt es bei deutschen Filmproduktionen häufig zu Unstimmigkeiten und Missverständnissen. Solche treten bei internationalen Produktionen in dieser Form nicht auf, da die Zuständigkeits- & Verantwortungsbereiche nach einer bekannten Struktur und der Einteilung der Aufgabengebiete präzise definiert und geregelt sind.
Typische Fragen wie:
- Wer erstellt, verwaltet und verantwortet den Drehplan?
- Wer ist für den Inhalt der Tagesdisposition verantwortlich?
- Wer kommuniziert, organisiert und betreut die Schauspieler*innen?
- Wer trägt die Verantwortung für die Sicherheit am Set?
lassen sich im internationalen Drehsystem klar beantworten.
Das AD-Department ist im Ausland eine eigenständige Abteilung, die typischerweise aus einem 1st AD, 2nd AD und 3rd AD besteht, unterstützt von AD-Production Assistants (AD-PAs), die sowohl am Set als auch an der Basis tätig sind. Die logistische Organisation liegt größtenteils in den Händen der Assistant Directors (ADs), die – anders als Regieassistent*innen in Deutschland – nicht der Regie, sondern der Produktionsabteilung zugeordnet sind. Zusätzliche Abteilungen wie das Locations-, das Unit- und das Transport-Department übernehmen spezifische logistische Aufgaben. Diese Departments existieren im deutschen System als solches nicht.
Im internationalen Arbeitssystem liegt die Verantwortung der Drehplanung ausschließlich beim 1st AD, der/die diese auf die Budgetvorgaben des/der Line Producers erstellt und immer wieder anpasst. Der fertige Drehplan wird grundsätzlich vom Line Producer und der Regie abgenommen. Während der Vorbereitungszeit zu den Dreharbeiten, übernimmt das AD-Department die Strukturierung und Organisation der Vorproduktions-Zeit, sowie die Kommunikation & Koordination mit Schauspieler-Agenturen und Schauspieler*innen.
Ein großer Vorteil des internationalen Systems ist die Bündelung aller relevanten Informationen in einer Abteilung, was eine klare Strukturierung, effizientere Abläufe und weniger Missverständnisse zwischen den Departments ermöglicht. Die AD-Abteilung repräsentiert die Produktion am Set und sorgt für eine effiziente Zusammenarbeit mit der Regie. Sie übernimmt zudem die zeitliche Planung der Drehtage sowie die Koordination aller Vorgänge an der Basis und am Set. Hierbei arbeitet die Abteilung Hand in Hand mit den Kolleg*Innen der Departments Location und Unit. Eine gut funktionierende AD-Abteilung ist ein wesentlicher Stützpfeiler jeder Filmproduktion, da sie Struktur, Sicherheit, Kontrolle und Effizienz gewährleistet – sowohl für die Produktion als auch für die Regie.
Anforderungen an ein internationales Drehsystem
Um bei einem Projekt von der Struktur des internationalen Drehsystems zu sprechen und entsprechende Titel in der Produktionsabteilung zu vergeben, müssen folgende Kriterien erfüllt sein:
- Die Drehplanung liegt in der Verantwortung des/der 1st AD und wird anhand der Budget-Parameter des/der Line Producers erstellt.
- Die Tagesdisposition liegt in der Verantwortung des/der 2nd AD und wird anhand der Vorgaben des/der 1st ADs erstellt.
- Die Positionen 1st AD, 2nd AD und 3rd AD sind besetzt. Bei komplexeren Projekten können zusätzliche Positionen wie Crowd 2nd AD, Floor 2nd AD, Base 3rd AD oder ähnliche Positionen notwendig sein.
- Die Kommunikation mit Schauspieler-Agenturen und die ganzheitliche Betreuung der Schauspieler*innen liegt sowohl in der Vorbereitungszeit als auch während des Drehs in den Händen der AD-Abteilung. Ausnahmen bilden hier lediglich vertragliche Angelegenheiten, Reise- und Unterbringungsfragen, die über die Production Coordination abgewickelt werden.
- Die ADs sind sowohl der Produktion als auch der Regie verpflichtet. Sie fungieren nicht als persönliche Assistenten der Regie, sondern sorgen für den adäquaten Interessenausgleich zwischen kreativen und wirtschaftlichen Operationen eines Filmdrehs.
- Es existiert ein Unit-, Location- und Transport-Department. Bei kleineren Projekten können diese Abteilungen zusammengelegt werden. Es gibt auch in so einem Fall keine Ersten Aufnahmeleiter*Innen, Set-Aufnahmeleiter*innen, Set-Runner oder ähnliche Rollen.
- Die AD-Abteilung trägt die Verantwortung für die Sicherheit von Cast und Crew am Set.
AD-Titel sollten bei der Berufsbezeichnung in Deutschland nur verwendet werden, wenn das jeweilige Projekt klar im internationalen Drehsystem strukturiert ist und kein Mischsystem verwendet wurde. Die ADU-Mitglieder unterstützen diese Präzisierung von Berufsbezeichnungen und als Verband setzt sich die ADU dafür ein, die verschiedenen und derzeit nebeneinander existierenden Drehsysteme in der hiesigen Filmindustrie klar zu definieren und strukturelle Unterschiede branchenweit zu verdeutlichen.